Das Gericht der Europäischen Union (EuG) hat am 23. November 2022 sein Urteil zur Einstufung des Weißpigments Titandioxid gesprochen. Danach ist die Einstufung von Titandioxid als „vermutlich karzinogen beim Einatmen“ und die damit verbundene Kennzeichnungspflicht für den Stoff sowie pulverförmige, feste und flüssige Gemische rechtswidrig.
Die in Luxemburg klagenden Unternehmen aus der Titandioxid- und Farbenbranche und die sie unterstützenden Verbände begrüßen das Urteil des Gerichts EuG zur chemikalienrechtlichen Einstufung von Titandioxid ausdrücklich. Seit 2016 herrscht Streit über die Einstufung und die daraus resultierende Kennzeichnungspflicht. Juristisch ist das Urteil eindeutig: Das Gericht hat die Delegierte Verordnung der EU-Kommission aus dem Jahr 2019 für nichtig erklärt, soweit sie die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung von Titandioxid in bestimmten Pulverformen als karzinogener Stoff beim Einatmen betrifft.
Insbesondere durch die Ausführungen des EuG zu den intrinsischen Eigenschaften von Stoffen und den Anforderungen hinsichtlich des wissenschaftlichen Nachweises von Gefahren – wonach sich die Einstufung eines Stoffes als karzinogen nur auf einen Stoff mit der intrinsischen Eigenschaft, Krebs zu erzeugen, beziehen darf – fühlen sich die Verbände VdL und VdMi in ihrer Auffassung bestätigt, dass die Einstufung von Titandioxid als „vermutlich karzinogen beim Einatmen“ und die damit verbundene Kennzeichnungspflicht für den Stoff sowie pulverförmige, feste und flüssige Gemische als rechtswidrig anzusehen waren.
Das Weißpigment Titandioxid kann also weiterhin sicher eingesetzt und verwendet werden.
Eine Kurzversion des Urteils ist hier abrufbar.
Update vom 17.02.2023
In einer Pressemitteilung hat die französische Regierung am 13.Februar 2023 bekannt gegeben, dass sie gegen das Urteil des Gerichts der Europäischen Union Rechtsmittel eingelegt hat. Kurz darauf wurde bekannt, dass auch die EU Kommission als ursprüngliche Beklagte inzwischen Berufung gegen das Urteil eingelegt hat. Begründungen auf Deutsch liegen bislang noch nicht vor. Die Berufung vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) kann nur in begründeten Fällen eingelegt werden, das juristische Verfahren dauert normalerweise ein bis zwei Jahre. In der Praxis bedeutet dies, dass die Einstufung bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens bestehen bleibt. (red)