Zukünftig soll Titandioxid nicht mehr als Lebensmittelzusatzstoff E171 verwendet werden dürfen. Die Europäische Kommission hat im Januar 2022 die Verordnung über Lebensmittelzusatzstoffe geändert und die Zulassung für E171 in Lebensmitteln aufgehoben. Dieses Verbot bezieht sich ausnahmslos auf den Einsatz als Lebensmittelzusatzstoff. Es ist unabhängig von der Einstufung von Titandioxid unter der CLP-Verordnung.
An Lebensmittelzusatzstoffe werden spezielle gesundheitliche Anforderungen gestellt, weil sie absichtlich dem Lebensmittel zugesetzt und dementsprechend oral aufgenommen werden. Genotoxische Substanzen, deren negative Effekte beim Menschen belegt sind, kommen beispielsweise auch in einigen natürlichen Lebensmitteln vor, die aber in der Ernährung unvermeidbar sind. Für Titandioxid ist kein Zusammenhang mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung beim Menschen bekannt, dennoch muss es strengere Vorgaben erfüllen.
Da kein unmittelbares Risiko durch E171 festgestellt wurde, gibt es eine Übergangsregelung für das Verbot: Lebensmittel, die E171 enthalten, dürfen bis August 2022 auf den Markt gebracht und dann bis zum Ende ihres Haltbarkeitsdatums verkauft werden.
Warum wird Titandioxid als E171 verboten?
Grundlage für diese Entscheidung ist Bewertung der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) vom Mai 2021, in der sie zu dem Schluss kam, dass der Lebensmittelzusatzstoff „nicht mehr als sicher angesehen“ werden kann. Damit weicht sie von den früheren Einschätzungen aus den Jahren 2016 und 2017 ab.
Die EFSA stellt in ihrem Gutachten fest, dass insbesondere für enthaltene Titandioxid-Nanopartikel eine genotoxische Wirkung nicht ausgeschlossen werden könne, da hierzu Studien fehlen würden. Damit sagt sie jedoch nicht, dass Titandioxid genotoxisch sei. Das erläutert auch die EU-Kommission in ihren Fragen und Antworten zu Titandioxid.
Was sagt die EFSA-Bewertung im Detail?
Die EFSA hat für ihre Bewertung überwiegend neuere Studien genutzt, die zum Teil extra mit dem Zusatzstoff angefertigt wurden, um Datenlücken zu schließen. Diese ließen kein unmittelbares Gesundheitsrisiko erkennen.
Allerdings konnte der Verdacht, dass speziell die Nanopartikel im Zusatzstoff eine erbgutschädigende Wirkung (Genotoxizität) haben könnten, anhand der vorliegenden Studien nicht ausgeräumt werden. Die EFSA verlangt nach neueren Vorgaben hierfür Studien, bei denen extra präparierte Nanopartikel eingesetzt werden. Die oben genannten Studien haben den Zusatzstoff so, wie er auch im Lebensmittel eingesetzt wird, untersucht.
Da der Verdacht auf eine genotoxische Wirkung nicht ausgeräumt werden konnte, kann auch keine maximale Tagesdosis (ADI) abgeleitet werden – was für die EFSA eine Grundlage für die sichere Verwendung von Lebensmittelzusatzstoffen ist.
Ist E171 ein Nanomaterial?
Titandioxid kann, je nach Anwendungsgebiet, mit unterschiedlichen Eigenschaften, Oberflächenbeschichtungen und Partikelgrößen hergestellt werden. Für den Einsatz im Lebensmittel wird ein besonders reines Titandioxid mit einer Partikelgröße zwischen 150 und 250 Nanometern verwendet. Es ist damit also nach der Definition der EU kein Nanomaterial. Technisch lässt es sich jedoch nicht vermeiden, dass immer ein Anteil von Nanopartikeln enthalten ist.
Wirkt sich das Verbot auch auf andere Einsatzgebiete von Titandioxid aus?
E 171 soll weiterhin in der Liste der Lebensmittelzusatzstoffe bleiben, damit es im Bereich der Arzneimittel weiter eingesetzt werden kann. Eine Überprüfung dessen ist innerhalb der nächsten drei Jahre vorgesehen.
Auf andere Einsatzgebiete hat dieses Verbot im Lebensmittelbereich keinen Einfluss, zum Beispiel beim Einsatz von Titandioxid in Masterbatches, Druckfarben oder Dosenlacken für die Herstellung von Lebensmittelbedarfsgegenständen. Hier entscheidet über den Einsatz, ob ein Stoff ins Lebensmittel migrieren kann oder nicht. Zahlreiche Studien zeigen, dass bei Pigmenten und Füllstoffen, die in eine Kunststoff- oder Bindemittelmatrix eingebunden sind, generell keine Migration ins Lebensmittel stattfindet – auch nicht von Nanopartikeln. Dies hat auch der europäische Druckfarbenverband EuPIA in seiner Stellungnahme herausgestellt.